Schule, und warum es gut ist, wenn ein bisschen Zeit vergangen ist…

04. Oct, 2017

Letzten Samstag war ein denkwürdiger Tag bei mir: Wir hatten 25 Jahre Abitur- Treffen. 25 Jahre! Wenn sich die Beteiligten an dem Abend in einem einig waren, dann, dass alle das Gefühl hatten, es sei irgendwie gestern gewesen. Zuhause hatte ich mich noch einem kritischen Check vor dem Spiegel unterzogen und nach Zeichen der Alterung gesucht 😊. Ich war aber ganz zufrieden. Als ich dann vor Ort war… naja, nicht alle erkennt man sofort wieder. Um es kurz zu machen: Es war sehr schön, diese ganzen Menschen wieder zu sehen! Einerseits fanden sich automatisch schnell wieder ähnliche Gruppen wieder wie damals. Gleichzeitig war es aber auch (gefühlt zum ersten Mal) möglich, sich cliquen-übergreifend sehr gut zu unterhalten. So viel Zeit war vergangen seit dem Abitur. Wir alle haben ein Leben gelebt mit Höhen und Tiefen, und ich merkte, wie es möglich war, auch mal mit viel Distanz und wohlwollend über Ereignisse zusprechen, die einem damals unter die Haut gingen.

Überhaupt Schule!

In meinen Coachings lande ich regelmäßig mit Klienten in Grundschule oder Pubertät. Diese Zeit ist so prägend für uns in unserer psychischen Entwicklung. Kinder können grausam sein, und nicht wenige von uns tragen Verletzungen aus dieser Zeit davon.

Mein plakativstes Beispiel ist das einer weiblichen Top-Managerin, Anfang 40, die auf einer neuen Position plötzlich ein schwieriges Thema regelmäßig vor der Geschäftsführung eines großen Unternehmens vertreten musste. Natürlich eine reine Männerrunde. Das Thema hatte den Charakter Himmelfahrtskommando, und sie wurde regelmäßig bei Ihren Präsentationen auseinander genommen – nicht gerade sanft. Lassen wir mal beiseite, warum sie das Thema überhaupt akzeptiert hatte. Fakt war: Es wurde regelmäßig sehr ungemütlich für sie. Auch zu ihrer eigenen Überraschung passierte es dann, dass ihr ab dem 2. Termin dieser Art noch im Termin die Tränen kamen, und zwar immer wieder, wenn sie besonders hart kritisiert wurde.  Das war auch der Grund für das Coaching – sie wollte diese unangenehme Emotion loswerden. Es war ihr peinlich, und sie befürchtete nicht ganz unberechtigt einen Karrierekiller „mit ihrer Heulerei“.

Einfach loswerden kann man Emotionen nicht.

Vielmehr ist es im ersten Schritt wichtig zu verstehen, wofür diese Reaktion gut sein könnte. Wir nahmen uns die Zeit, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen (mit Hilfe einer geführten Hypnose) und stellten fest, dass sie diese Reaktion regelrecht bei ihrer Grundschullehrerin gelernt hatte. Die gute Frau hatte sie damals irgendwie „auf dem Kieker“ und behandelte sie regelmäßig sehr unfair vor versammelter Klasse, in dem sie die Leistungen bloßstellte und mit Kommentaren versah wie „du bist blond und blöd, du kommst vom Bauernhof, aus dir wird nichts werden!“. Diese Lehrerin hörte erst dann wieder auf, wenn meine Klientin als Schülerin anfing zu weinen. Irgendwo war also in den Tiefen abgelegt worden, dass wenn sie unfair kritisiert wird und dabei persönlich sehr getroffen wird, dass genau dann Weinen hilft. Und auch wenn diese Erlebnisse weit über 30 Jahre zurücklagen, sie hatten noch eine große Macht im Hier und Jetzt. Wir fokussierten uns dann auf einen sehr bewussten Ansatz, dass das alles schon sehr lange vorbei sei, und dass sie heute „ja groß genug sei“, um sich anders zu wehren. Wir besprachen alternative Verhaltensweisen, die wir mit Farben und einer Körperbewegung ankerten. Meine Klientin ging dermaßen gewappnet in das nächste Meeting. Zwar wurden dieses Mal die Augen noch feucht, aber sie „stand ihre Frau“. Diese Erfahrung beflügelte sie dann beim nächsten Termin und alles lief gut. Interessanterweise sorgten unsere Termine aber auch dafür, dass sie sehr bewusster anfing, ihre Projektthemen auszusuchen…

Der zeitliche Abstand hatte zum einen dafür gesorgt, dass sie diese sehr schmerzhaften Erfahrungen vergessen hatte. Verdrängung kann sehr hilfreich und nützlich sein, damit wir gesund und zufrieden leben können. Durch die Umstände war das Thema wieder präsent geworden, und auf einer bewussten Ebene war es jetzt möglich, nicht nur nachträglich nochmal ordentlich wütend zu werden auf diese Lehrerin (auch sehr wichtig!), sondern über 30 Jahre später ganz bewusst einen anderen Weg einzuschlagen. Dies gelingt meistens nicht über reine Kopfarbeit, sondern der Körper und seine Sinnenwahrnehmungen, der ganze Mensch will dabei mitgenommen werden (in diesem Fall mit Hypnose, Farben und Gestik). Im beschriebenen Fall funktionierte die Verhaltensänderung sehr schnell. Das braucht manchmal auch deutlich mehr Zeit. Und trotzdem: Meine Klienten erleben den zeitlichen Abstand immer als sehr hilfreich.

Nebengedanke: Meine Kinder sind gerade auf der Grundschule bzw. Anfang der weiterführenden Schule. Und mit Blick auf meine Erfahrungen frage ich mich oft, was sie dort erleben, was ich nicht mitbekomme, und was davon für sie prägend sein wird…

 „Die Zeit heilt alle Wunden!“,

so ein bekanntes Sprichwort. Das glaube ich nicht ganz. Es braucht manchmal mehr Einsatz und Beschäftigung. Und manches Erlebnis kann auch Narben hinterlassen, die für immer schmerzen. Zeit hilft in jedem Fall, und gleichzeitig wird man mit manchen Erfahrungen einfach leben müssen.

So konnten wir an diesem denkwürdigen letzten Samstag über unglückliche Liebe in der 7. oder 9. Klasse reden, wer wem was an den Kopf gehauen hatte und wie unfair das eigentlich war. Es tat gut, das Revue passieren zu lassen. Vieles war auch nicht mehr präsent – vielleicht glücklicherweise? Am Ende bleiben auch viele lustige Dinge in Erinnerung. Zum Beispiel ein Überlebensexperiment auf der Abschlussfahrt – Herausforderung: Wird auch eine reine Ernährung mit Bier zu Sch… führen? Lachtränen garantiert! Alte Fotos lagen auf dem Tisch, bereits verstorbene Mitschüler wurden erwähnt… Es war viel Milde und Wohlwollen im Raum, und ja, es standen auch einige Bier auf dem Tisch!

Gutes Zeitmanagement kalkuliert insbesondere bei Entscheidungen immer wieder mal ein, das Thema eine Nacht zu überschlafen.

Und nicht wenige von uns haben im Berufsalltag oder Projektmanagement die Erfahrung gemacht, dass man Dinge auch aussitzen kann.

Wann und wie könntest du also die Zeit mal für dich arbeiten lassen?

Nostalgische Grüße! 😉

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